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Sind nur freiwillige Teilnehmer motiviert? - Überraschende Erkenntnisse aus der Transferforschung


Bild_Die größte Transferbarriere und wie Sie sie überwinden können

Die Teilnehmer müssen freiwillig im Training sitzen, denn nur freiwillige Teilnehmende sind transfermotiviert! Das klingt logisch! Stimmt aber nicht - wie die Forschung jetzt zeigt...

 

In diesem Artikel lesen Sie:

  • Warum die freiwillige Teilnahme für den Transfererfolg nicht zwingend ist

  • Warum Ruf und Image Ihres Trainings entscheidender ist, als die freiwillige Teilnahme​

 

Freiwillig = Motiviert ?

Diese Gleichung geht nicht auf

Die Transfermotivation der Teilnehmenden ist ein entscheidender Stellhebel für den Transfererfolg - das sagt der Hausverstand (und wenig überraschend auch die Transferforschung [1]). Immer wenn ich mit meinen Kunden über die Bedeutung des Stellhebel Transfermotivation spreche schließt sich wie das Amen im Gebet eine Schlussfolgerung an: Wenn die Transfermotivation so entscheidend ist für wirksame Trainings, dann dürfen wir Trainings nicht mehr verpflichtend durchführen. Die Teilnehmer müssen freiwillig im Training sitzen, denn nur freiwillige Teilnehmende sind transfermotiviert! Das klingt logisch! Stimmt aber nicht!

Wenn ich dieses Forschungsergebnis in meinen Seminaren und Vorträgen in den Raum werfe, blicke ich meist in erstaunte Gesichter. Auch ich selbst war sehr skeptisch, als ich darüber zum ersten Mal in den Forschungsarbeiten gelesen hatte. Denn wer kennt sie nicht, diese Teilnehmenden die ins Training „geschickt“ wurden und teilnahmslos und gelangweilt im Stuhlkreis sitzen. Oder schlimmer noch. Teilnehmende, die ihrem Unmut offen Luft und so die Stimmung der ganzen Gruppe negativ beeinflussen. Und da komme ich nun mit: Freiwilligkeit ist nicht zwingende Voraussetzung für Transfermotivation? Werfen wir einen Blick in die Forschung. Verschiedene Studien zeigten tatsächlich, dass eine freiwillige Teilnahme am Training zu höherer Motivation führte [2]. In anderen Studien dagegen, konnte genau das aber nicht bestätigt werden [3]. Es wurde sogar das Gegenteil nachgewiesen: Teilnehmer, die verpflichtend am Training teilnahmen, waren die Motivierteren [4]. Na was denn nun? Wie kann man diese widersprüchlichen Ergebnisse erklären?

Die Forschung zeigt, dass zwei Faktoren den Unterschied ausmachen: (1) die subjektive Einschätzung der Teilnehmenden darüber, wie wichtig und bedeutsam das Training ist und (2) die eigenen vorherigen Trainingserfahrungen. Im folgenden Gedankenexperiment werden Sie das ganz deutlich selbst erleben.

Die Macht der Erfahrung

Wie bisherige Trainingserfahrungen unsere Motivation beeinflussen

Denken Sie an einen Teilnehmer, der bisher ausgesprochen gute Erfahrungen mit Trainings in ihrem Unternehmen gemacht hat. Die Trainings, die er bisher besucht hat, waren für ihn bisher ausgesprochen nützlich, sinnvoll und hilfreich. Durch die Anwendung des Gelernten konnte er sich selbst deutlich und erfolgreich weiterentwickeln. Nun erfährt unser Teilnehmer, dass ein weiteres Training ansteht. Wie wird er darüber denken? Klar! Es ist eine weitere geniale Chance für ihn. Es ist kein Gefühl der Verpflichtung sondern vielmehr ein Gefühl des auserwählt oder nominiert werdens. Kein Zwang sondern eine weitere Möglichkeit, eine Belohnung, ja sogar eine Ehre. Die Folge der Nominierung: die Motivation steigt.

Denken sie nun an einen Teilnehmer, der Trainings bisher durchwegs als Zeitverschwendung erlebte - als unwirksam und sinnlos. Und dieser Teilnehmer wird nun für genau das selbe Training nominiert (und damit verpflichtet). Wie wird er diese Nominerung (Verpflichtung) erleben? Genau! Als lästige unnötige Pflicht. Das „ins Training geschickt werden“ demotiviert ihn! Sie sehen - die Motivation hängt ganz entscheidend von den bisher gemachten Trainingserfahrungen ab.

Ehre und Chance oder lästige Pflicht?

Die subjektive Bedeutsamkeit

Neben der Erfahrung spielt die subjektiv zugeschriebene Bedeutsamkeit des Trainings eine entscheidende Rolle. Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied des Personalentwicklungsteams in einem Unternehmen. Alle 3 Jahre findet eine sehr bedeutsame Konferenz in Washington statt, auf der die neusten Erkenntnisse aus der Personalforschung vorgestellt werden, und das von den weltweit namhaftesten ExpertInnen der Branche. Jeder in ihrem Team möchte dort hin. Denn jedes Mal, wenn jemand von dieser Konferenz zurückkehrt, kommt er mit innovativen Ideen, die richtungsweisend für die Personalarbeit im Team sind. Der Chef hat großes Interesse an diesen Ideen und unterstützt die Einführung und Umsetzung mit vollem Engagement. Im Jour Fixe dann die Ankündigung. Der Chef schickt dieses Jahr genau Sie zur begehrten Konferenz. Genau Sie fahren nach Washington, lernen und werden auch mit genialen Ideen zurückkehren! Wie steht es um Ihre Motivation? Sie ist hoch? Und das obwohl Sie bzw. gerade weil Sie geschickt wurden! Fabelhaft oder? Genauso geht es den potentiellen TrainingsteilnehmerInnen. Ist das Training bedeutsam und wichtig, steigert das „geschickt werden“ die Motivation. Ist es nur irgendein weiteres Training, das sie laut Vorschrift besuchen müssen, senkt das „geschickt werden“ die Motivation. Die Vorerfahrung und die zugeschriebene Bedeutsamkeit machen den Unterschied!

 

Auch TeilnehmerInnen, die für ein Training verpflichtet oder nominiert wurden, können hoch transfermotiviert sein. Entscheidend ist (1) die Vorerfahrung und (2) die subjektive Bedeutsamkeit

 

Auf das Image kommt es an

Der Ruf ihrer Trainings entscheidet - nicht die Freiwilligkeit

Stellen Sie sich vor, Sie treffen auf der nächsten PersonalistInnenkonferenz eine Kollegin, die mit dem Thema Freiwilligkeit hadert. „Unsere Führungskräfteentwicklung ist verpflichtend – Jeder muss da durch. Das demotiviert sie ja total! Ich will, dass die Leute motiviert sind, aber der Chef verlangt, dass alle Führungskräfte durchs Training geschleust werden! Was soll ich nur tun?“ Was könnten Sie Ihr raten? Richtig! Die Frage ist nicht „Wie boxe ich Freiwilligkeit durch?“ sondern vielmehr „Wie machen wir unsere Trainings bedeutsamer und anstrebenswerter?“ und „Wie fördern wir, dass die Teilnehmer positive Erfahrungen sammeln und unser Training als wirksam und nützlich erleben?“. Wenn die Teilnahme am Training als anstrebenswerte Chance begriffen wird, die dankbar in Anspruch genommen wird, dann ist die Nominierung (bzw. Verpflichtung) dazu ein Zeichen der Wertschätzung – die zusätzlich motiviert!

Halten Sie sich nicht mit der Frage der freiwilligen Teilnahme auf - denn die ist nicht entscheidend! Arbeiten Sie statt dessen aktiv am Image Ihrer Trainings! Sorgen Sie dafür, dass Trainings als bedeutsam, anstrebenswert, nützlich und wirksam wahrgenommen und erlebt werden! Denn dann ist es egal ob freiwillig oder nicht - die Teilnehmenden sind motiviert!

Was bedeutet dieses Ergebnis für Sie? Was also können Sie noch heute tun, um den Ruf und das Image Ihrer Trainings zu steigern? Wie können Sie dafür sorgen, dass die Teilnehmer sagen: Ja, diese Trainings sind wertvoll, nützlich und wirksam - ich bin froh, dort dabei sein zu dürfen?

 

Zum Nach- & Weiterlesen:

[1] Zur Korrelation zwischen Transfererfolg und Transfermotivation siehe beispielsweise die Metaanalyse von Blume, B. D., Ford, J. K., Baldwin, T. T., & Huang, J. L. 2010. Transfer of Training: A Meta-AnalyticReview. Journal of Management, 36(4): 1065-1105.

[2] Eine positive Korrelation zwischen Freiwilligkeit und Motivation fanden beispielsweise Cohen, D. J.1990. What Motivates Trainees? Training and Development Journal, 44(11): S. 91 – 93. Oder Hicks, W. D.,& Klimoski, R. J. 1987. Research Notes. Entry into training programs and its effects on training outcomes. A field experiment. Academy of Management Journal, 30(3): S. 542 – 552.

[3] Keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Freiwilligkeit und Motivation fanden dagegen beispielsweise Mathieu, J. E., Martineau, J. W., & Tannenbaum, S. I. 1993. Individual and situational influences on the development of self-efficacy: implications for training effectiveness. Personnel psychology, 46(1): S. 125 – 147.

[4] Einen negativen Zusammenhang zwischen Freiwilligkeit und Motivation fanden zum Beispiel Baldwin,T., & Magjuka, R. 1991. Organizational training and signals of importance: Linking program outcomes to pre-training expectations. Human Resource Development Quarterly, 2(1): S. 25 – 36.

 

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Dr. Ina Weinbauer-Heidel

Institut für Transferwirksamkeit

Mail. ina.weinbauer@transferwirksamkeit.com 

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